Zum bereits dritten Mal lud die Wirtschaftsförderung Mecklenburgische Seenplatte GmbH (WMSE) am 25.08.2022 von 10.00 bis 12.30 Uhr zur digitalen Veranstaltungsreihe #MSEwasserstoff mit dem Schwerpunktthema „Herstellung, Transport und Speicherung von Wasserstoff“ ein.
In einer großen Bandbreite, informativen Beiträgen und intensiven Diskussionen mit rund 100 zugeschalteten TeilnehmerInnen gingen die Referenten dabei auf die Rolle von Wasserstoff in der Energiewende, auf grüne Gase im Verteilnetz, Chancen und Potenziale im internationalen Kontext und auf mögliche Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette und deren Relevanz für kommunale Energieversorger ein.
Dipl-Ing. Kay Fönings, Projektleiter im Bereich Asset Management der E.DIS Netz GmbH, erläuterte dabei, welche Rolle Wasserstoff für die E.DIS als Versorger spielen kann und bereits spielt, wie und über welche Strukturen und Konditionen es als Zusatzgas in bestehende und auszubauende Verteilstrukturen eingespeist und an interessierte Verbraucher gegeben werden kann und wie sich der Konzern insgesamt über die mittel- und langfristige Transformation seiner Verteilstrukturen auf die Technologie einstellt.
Dr.-Ing. Dorian Holtz vom Lehrstuhl für technische Thermodynamik der Universität Rostock untermauerte die sehr praktischen Aspekte aus Sicht der Verteilung noch einmal mit wissenschaftlichen Fakten aus der aktuellen Forschung rund um Wasserstoff. Von der noch unterschiedlichen Herstellung über die energetischen Einsatzfelder des angestrebten grünen Wasserstoffs in der großskaligen Mobilität, für Energietransport und großtechnische Wärme sieht Dr. Holtz aktuelle Herausforderungen im notwendigen massiven Ausbau von Photovoltaik, Windenergie und Elektrolyse, in der noch fehlenden Infrastruktur für Import und Verteilung, im Fehlen effizienter und kostengünstiger Speicher und ausgereifter Nutzungskonzepte. Entsprechend sind die Forschungsschwerpunkte seines Lehrstuhls, der auch konkreten, dienstleistungsorientierten Anfragen aus der Wirtschaft offen gegenübersteht, im Ausbau der Systemintegration beispielsweise der Elektrolyseure, von Nutzungskonzepten für Abwärme und die Integration von Speichermöglichkeiten. Diesbezüglich forscht Dr. Holtz und sein Team am Ausbau der Speichermöglichkeiten durch chemische Bindung (LOHC) und E-Fuels. Abschließend erklärte Dr. Holtz, dass M-V durchaus großes Potenzial der Erzeugung von grünem Strom über den Eigenbedarf hinaus habe. Genutzt für die Herstellung von Wasserstoff, in dessen Prozess neben Strom auch der Bedarf an Trinkwasser, Wärme und Mobilität mehr beachtet werden sollte, kann M-V im Bereich Wasserstoff internationale Kompetenz aufbauen und die energetische Wertschöpfung im eigenen Bundesland signifikant erhöhen. Für die Zukunft wünscht sich Dr. Holtz klare Zielvorgaben und deutlich schlankere Möglichkeiten der konzeptionellen Umsetzung und Fördermittelbeantragung.
Dr.-Ing. Hubert Schillings, Geschäftsführer der ENGIE Generation Germany GmbH, zeichnete Chancen und Risiken von Wasserstoff noch einmal aus Sichtweise des international agierenden Energiekonzerns auf. Dabei machte er deutlich, dass die Herstellung von grünem Wasserstoff in Deutschland im Vergleich zu anderen Regionen weltweit vergleichsweise teuer ist. Der Weg zu einer grünen Wasserstoffwirtschaft sei aber generell ein langfristiger Entwicklungsprozess, für den verbindliche Zertifizierungen und Regelwerke erforderlich sind und mittelfristig geeignete Lösungen für finanzierbare Anlagen. Deutschland sieht Dr. Schillings dank der vielen Salzvorkommen und -stollen und der Möglichkeit, Salz-Kavernen als Wasserstoff-Speicher anzulegen und zu nutzen, im internationalen Kontext in einer künftigen Rolle als zentraler Speicherort für Wasserstoff. Mit dem Konzernziel von 4 Gigawatt Elektrolysekapazität weltweit betonte Dr. Schillings, dass auch beim Zukunftsthema Wasserstoff letztendlich die Gesamtbilanz zwischen Herstellung, Transport, Lieferkette und Speicherung stimmen muss.
Deutlich regionaler und von besonderem Interesse für Kommunen war abschließend das gemeinsame Thema von Robert Kersting, Werksleiter Stadtwerke Malchow und Stefan Markwart, Leiter Strategieentwicklung EDF Deutschland GmbH. Beide stellten die, 2021 geschlossene, Kooperation des regionalen Versorgers mit dem, zur französischen Électricité des France (EDF) gehörenden, Unternehmen vor. Bei der es im Wesentlichen darum geht, als Partner auf Augenhöhe die jeweiligen Zielstellungen – Erschließung eines zukunftsfähigen neuen Geschäftsbereiches und Effizienzsteigerung sowie Erweiterung des Marktpotenzials und gewinnorientiertes Wirtschaften – unter Bündelung von Knowhow, Kontakten und Kompetenzen umzusetzen. Nach einer, bis 2023 abgeschlossenen, Potenzial- und Machbarkeitsanalyse, ist ein erstes Projektziel die Etablierung einer bis zu zwei Megawatt starken Elektrolyse in Kombination mit einer 500 Kilowatt starken Wärmepumpe und einer Wasserstoff-Tankstelle autobahnnah direkt an der Bundesstraße. Die geplante Erweiterung des Gewerbegebietes in Malchow bietet Möglichkeiten für die direkte Abnahme des Wasserstoffs und der Nebenprodukte Wärme, Stickstoff und Sauerstoff – beispielsweise für die geplante Lachsfarm – aus den Bereichen Industrie, Mobilität und Wärme. Deren Nachfrage bestimmt auch Ausbau und Erweiterung der Anlage. Was auf den ersten Blick wie eine Partnerschaft von David und Goliath wirkt, ist tatsächlich ein durchdachtes und für beide Unternehmen zukunftsfähiges Partnerschaftsmodell, das zumindest von Seiten der staatlich dominierten und kommunal ausgerichteten EDF auch anderen Kommunen in MSE offensteht.
In diesem Sinne forderte Sabine Lauffer, Geschäftsführerin der WMSE, abschließend noch einmal alle Wasserstoffinteressierten auf, den Kontakt zur Wirtschaftsförderung aufzunehmen. Die zwar nicht aktiv in die Entwicklung der Schlüsseltechnologie involviert ist, aber bezüglich der hier immer wichtiger werdenden vernetzten Zusammenarbeit über ein breites Netzwerk zu den relevanten Playern im Markt verfügt.
Die Vorträge und der Mitschnitt der #MSEwasserstoff stehen hier zur Verfügung: https://wirtschaft-seenplatte.de/msewasserstoff/
Die nächste #MSEwasserstoff findet am 24.11.2022 statt als Best Practices zum Thema „Wasserstoff für alle – für Industrie, Gewerbe und Privat.“